Im Hinblick auf die testamentarische Erbfolge anwendbares Recht
Sicht Kaliforniens
Aus der Sicht von Kalifornien ist im Hinblick auf die testamentarische Erbfolge zwischen dem beweglichen und dem unbeweglichen Vermögen zu unterschieden:
- Im Hinblick auf bewegliches Vermögen (movables) das Recht des letzten Domizil (domicile) des Erblassers an.
- Im Hinblick auf das unbewegliches Vermögen (immovables) ist das Recht des Ortes, an dem es sich das unbewegliche Vermögen befindet, also das Belegenheitsrecht (lex rei sitae) anzuwenden.
Der Testator kann betreffend "validity and effect" eines Testaments das Recht von Kalifornien wählen.
Deutsche Sicht
Seit vollständiger Anwendbarkeit der Europäischen Erbrechtsverordnung (EuErbVO) wenden deutsche Gerichte das Recht des letzten gewöhnlichen Aufenthalts an. Eine Ausnahme für unbewegliches Vermögen gibt es - aus der Sicht Deutschlands - nicht mehr.
Testierfähigkeit und Testierunfähigkeit
Testierfähig ist, wer mindestens 18 Jahre alt und in vollem Besitz seiner Geisteskräfte (of sound mind) ist, §§ CPC 6100[a], 6220. In vollem Besitz seiner Geisteskräfte ist, wer fähig ist zu denken, zu verstehen und Entscheidungen für sich zu treffen. Hierfür besteht eine widerlegbare gesetzliche Vermutung, § 810(a) CPC.
Testierunfähigkeit liegt gemäß CPC § 6100.5(a) bei geistiger Untauglichkeit (mental incompetency) vor. Geistige Untauglichkeit ist zum einen gegeben, wenn der Testator zum Zeitpunkt der Testamentserrichtung nicht die geistige Fähigkeit hat
- die Natur des Testamentsgeschäfts zu verstehen,
- sich seiner Vermögenssituation bewusst zu machen oder
- Bewusstsein über seine Beziehungen zu lebenden Abkömmlingen, Ehegatte, Eltern und Personen, deren Rechte durch das Testament betroffen sind, zu haben.
Geistige Untauglichkeit liegt zum anderen auch dann vor, wenn
- der Testator an einer Geistesstörung leidet, die mit Symptomen wie Wahnvorstellungen oder Halluzinationen einhergeht, und
- diese dafür sorgen, dass der Erblasser letztwillige Verfügungen trifft, die er ohne die Wahnvorstellungen oder Halluzinationen nicht getroffen haben würde.
Form des Testaments
Nach dem Erbrecht von Kalifornien ist ein Testament wirksam, wenn es schriftlich errichtet wurde, und von einer der folgenden Personen unterschrieben werden
- dem Testator
- im Namen des Testators von einer anderen Person in der Gegenwart und auf Anweisung des Testators von einem Pfleger (conservator) gemäß einer gerichtlichen Anordnung ein Testament zu errichten, § 6110. CPC.
Dieses Testament soll durch mindestens zwei Personen bezeugt werden, welche zur gleichen Zeit anwesend sind und entweder die Unterzeichnung des Testaments oder die Bestätigung des Testaments durch den Testator bezeugen, § 6610 (c)(1) CPC (Zwei-Zeugen-Testament).
Wird das Testament ohne Testierzeugen errichtet, wird es gleichwohl anerkannt, wenn der Antragsteller durch klare und überzeugende Beweise nachweist, dass der Testator das Testament mit dem Willen unterzeichnet hat, ein Testament zu errichten, CPC § 6610. (2),
Ein Testament, welches nicht den Anforderungen von CPC § 6110 als handschriftliches Testament (holographic will) genügt ist wirksam, wenn die Unterschrift und die wesentlichen Passagen in der Handschrift des Erblassers sind, § 6111. (a).
Drohung, Täuschung und Irrtum
Anfechtungsgründe sind Betrug, Drohung, Irrtum des Erblassers und unzulässige Beeinflussung (undue influence). Unzulässige Beeinflussung kann durch Überredung (over persuasion), Zwang (duress), Gewalt (force), Nötigung (coercion) oder hinterlistige oder betrügerische Tätigkeiten, durch welche der freie Wille des Testators zerstört wird. Bitte lesen Sie hierzu auch unseren Beitrag zur Anfechtung des Testaments wegen Testierunfähigkeit nach dem Recht von Kalifornien.
Zulässiger Inhalt des Testaments
Das Erbrecht von Kalifornien ist vom Grundsatz vom Prinzip der Testierfreiheit bestimmt, d.h. der Erblasser ist im Grundsatz in der Gestaltung seines Testaments frei. Der Testator kann z.B. einer Person zuwenden
- einen bestimmten Vermögensgegenstand (specific devise);
- einen Anteil am Nachlass (general devise);
- einen Anteil aus einer bestimmten Vermögensgesamtheit (demonstrative devise);
- eine bestimmte Geldsumme (general pecuniary devise);
- eine Geldrente (annuity);
- den Restnachlass (residuary devise).
Der Zuwendungsgegenstand kann als Vollrecht zugewandt werden oder an den Empfänger als Treuhänder (trustee) eines Trusts unter Lebenden (living trust).
Im Hinblick auf etwaiges Gesamtgut (community property) und Quasi-Gesamtgut (Quasi-community property), kann der Erblasser nur insoweit verfügen, als dieses ihm auch zusteht (also 1/2).
Widerruf des Testaments
Ein Testament oder ein Zusatz zu einem Testament (Codicil) oder jeder Teil davon wird durch ein nachfolgendes Testament, soweit es dem vorgehenden Testament widerspricht, auch dann widerrufen, wenn dieses alle vorgehenden Testamente nicht ausdrücklich aufhebt. Zu Problemen führt diese Regelung insbesondere dann, wenn der Erblasser im Ausland ein gesondertes Testament für sein Vermögen in einem Staat (z.B. Deutschland) errichtet und nicht ausdrücklich bestimmt, dass das deutsche Testament das Testament in Kalifornien nicht widerrufen soll.
Beispiel: Im obigen Beispielsfall hat E nicht ausdrücklich die Beschränkung der Wirkung des Testaments auf Deutschland angeordnet. Hatte er zuvor ein US-Testament für Kalifornien errichtet, so wird dieses durch das deutsche Testament widerrufen (auch wenn dies vielleicht nicht sein Wille war!).
Folgen von Eheschließung, Scheidung, etc.
Die nachfolgende Eheschließung, Geburt oder Adoption macht ein Testament nicht unwirksam. Wurde der Ehegatte oder Abkömmling allerdings "vergessen", kann er den gesetzlichen Erbteil verlangen (siehe oben).
Die Begünstigung des Ehegatten wird mit der Scheidung oder Aufhebung der Ehe unwirksam. Eine Trennung hat hingegen nicht die automatische Unwirksamkeit zur Folge.
Nachlassverfahren bei testamentarischer Erbfolge
Im Erbfall kann beim zuständigen Nachlassgericht (probate court) die Testamentsbestätigung (probate) beantragt werden. Auf Antrag ist einer Person durch das zuständige Nachlassgericht außerdem ein Zeugnis zu erteilen, dass den Nachlassabwickler (personal representative) ausweist. Die im Testament als Nachlassabwickler (executor) bestimmte Person, hat dabei vorrangig das Recht ein solches Zeugnis zu erhalten. Ergänzend wird auf den Beitrag Probate and Administration - das Verfahren zur Abwicklung eines Nachlasses im US-Bundesstaat Kalifornien verwiesen.