Anfechtung des Testaments wegen Testierunfähigkeit nach dem Recht von Kalifornien

Als kalifornischer Rechtsanwalt (Attorney-at-law) habe ich in den letzten Jahren immer wieder betreffend die Wirksamkeit eines Testaments bei Demenz des Testators beraten. Der Beitrag gibt eine Einführung und verweist auf vertiefende Informationen.

Einführung

Rechtsgrundlagen

Das Recht von Kalifornien betreffend die Anfechtung eines Testaments ist im Part I (Wills) des California Probate Code (CPC) geregelt.

Anwendbares Recht 

Aus der Sicht von Kalifornien ist im Hinblick auf bewegliches Vermögen (movables) das Recht des letzten Domizil (domicile) des Erblassers und im Hinblick auf das unbewegliches Vermögen (immovables) das Recht des Ortes, an dem es sich das unbewegliche Vermögen befindet, also das Belegenheitsrecht (lex rei sitae) anzuwenden. Im Hinblick auf "meaning and legal effect" eines Testaments, kann nach CPC § 21103 der Testator aber das anwendbare Recht wählen.  

Aus deutscher Sicht ist das auf die Rechtsnachfolge von Todes wegen im Sinne der EuErbVO hingegen nach der Europäischen Erbrechtsverordnung (EuErbVO) zu bestimmen.

Hinweis: Da es nach der EuErbVO keine besonderen Bestimmungen für Immobilien in Kalifornien gibt, kann es im deutsch-kalifornischen Erbfall dazu kommen, dass deutsche und kalifornische Gerichte unterschiedliches Recht anwenden. Die können sich Erben oder andere Beteiligte unter Umständen durch Forum Shopping zu Nutze machen. 

Da aus der Sicht von Kalifornien im Hinblick auf Immobilien in Kalifornien immer das Erbrecht von Kalifornien anzuwenden ist, birgt die Rechtslage die Gefahr unterschiedlicher Rechtsanwendung und des Forum Shopping

Anfechtung des Testaments 

Die erfolgreiche Anfechtung setzt voraus, dass der Erblasser testierunfähig war und dies im Verfahren auch bewiesen werden kann. 

Definition: Testierfähigkeit und Testierunfähigkeit

Testierfähig ist, wer mindestens 18 Jahre alt und in vollem Besitz seiner Geisteskräfte (of sound mind) ist, CPC §§ 6100[a], 6220. In vollem Besitz seiner Geisteskräfte ist, wer fähig ist zu denken, zu verstehen und Entscheidungen für sich zu treffen. Hierfür besteht eine widerlegbare gesetzliche Vermutung, CPC § 810(a).

Testierunfähigkeit liegt gemäß CPC § 6100.5(a) bei geistiger Untauglichkeit (mental incompetency) vor. Geistige Untauglichkeit ist zum einen gegeben, wenn der Testator zum Zeitpunkt der Testamentserrichtung nicht die geistige Fähigkeit hat

  • die Natur des Testamentsgeschäfts zu verstehen,
  • sich seiner Vermögenssituation bewusst zu machen oder
  • Bewusstsein über seine Beziehungen zu lebenden Abkömmlingen, Ehegatte, Eltern und Personen, deren Rechte durch das Testament betroffen sind, zu haben.

Geistige Untauglichkeit liegt zum anderen auch dann vor, wenn

  • der Testator an einer Geistesstörung leidet, die mit Symptomen wie Wahnvorstellungen oder Halluzinationen einhergeht, und
  • diese dafür sorgen, dass der Erblasser letztwillige Verfügungen trifft, die er ohne die Wahnvorstellungen oder Halluzinationen nicht getroffen haben würde.

Verfahren und Fristen zur Testamentsanfechtung

Zu jeder Zeit nach dem Tod des Erblassers kann jede interessierte Person ein Nachlassverfahren (probate administration) beginnen, § 8000(a) CPC. Insbesondere kann beantragt werden, die Wirksamkeit des Testaments zu bestätigen. 

Ist die Wirksamkeit des Testaments noch nicht gerichtlich bestätigt, sollte der Anfechtende umgehend Widerspruch gegen die Bestätigung des Testaments einreichen (contest of will, CPC §§ 8250 ff.). Eine Frist zur Geltendmachung der Testierunfähigkeit besteht zunächst nicht. Die geltend gemachte Testierunfähigkeit ist dann im Rahmen der Testamentsprüfung als Einwendung gegen die Wirksamkeit des Testaments mit zu prüfen, wobei das Gericht die betroffenen Personen vorab auffordert, innerhalb einer bestimmten Frist auf den Widerspruch zu erwidern. Sofern das Gericht dies für veranlasst hält, erforscht es den Sachverhalt weiter und erhebt Beweis.

Wurde die Wirksamkeit des Testaments bereits gerichtlich bestätigt (probate of will), muss der Anfechtende einen Antrag auf Widerruf der Testamentsbestätigung (revocation of probate, CPC §§ 8270 ff.) einreichen. Im Regelfall muss dies innerhalb einer Frist von 120 Tagen nach Testamentsbestätigung (probate) geschehen. Wurde der Widerrufsberechtigte allerdings durch arglistige Täuschung von der Geltendmachung des Unwirksamkeitsgrundes abgehalten, soll er auch nach Ablauf der Widerrufsfrist noch die Unwirksamkeit des Testaments geltend machen können.

Beweislast und Beweis der Testierunfähigkeit

Im gerichtlichen Verfahren tragen die Personen, welche sich auf das Testament berufen, die Beweislast im Hinblick auf die ordnungsgemäße Errichtung. Die Anfechtenden tragen die Beweislast im Hinblick auf fehlende Testierfähigkeit oder Testierwillen, unzulässige Einflussnahme, Betrug, Zwang, Irrtum oder Widerruf, CPC § 8252(a).

Das Gericht würdigt alle Umstände des Einzelfalls. In der Regel wird es auch ein Gutachten zur Testierfähigkeit von einem Sachverständigen in Auftrag geben. Solche Gutachten stützen sich regelmäßig auf

  • Krankenakten,
  • Betreuungsakten und
  • Aussagen von Zeugen (z.B. Rechtsanwalt, Freunde, Arzt)

Wir empfehlen daher frühzeitig Nachforschungen anzustellen.

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