US-amerikanisches Wertpapierdepot eines in Deutschland ansässigen Deutschen im Erbfall

Viele Deutsche haben ein Wertpapierdepots in den Vereinigten Staaten von Amerika (USA). Im Erbfall führt dies für die Erben und anderen Begünstigten zu erheblichen Problemen. Der Beitrag zeigt auf, was bei der Abwicklung eines US-amerikanischen Wertpapierdepots einer in Deutschland ansässigen Person im Erbfall zu beachten ist und verweist auf weiterführende Informationen.

Erste Kontaktaufnahme mit Finanzinstitut

Beim Tod des Inhabers eines Wertpapier-Depots (investment account) bei einem US-Finanzinstitut (z.B. Bank, Sparkasse, Vermögensverwalter) sollte zunächst die depotführende Stelle über den Tod des Inhabers informiert werden.

Vorsicht: Ab Benachrichtigung können Bevollmächtigte nicht mehr über das Konto verfügen und über den Online-Kunden-Account kann nicht mehr oder nur noch beschränkt Zugriff auf Daten genommen werden.

Eine solche Benachrichtigung (notification) kann oftmals über ein Formular auf der Webseite des Finanzinstituts oder eine Service-Rufnummer erfolgen. Der Tod wird in der Regel durch eine Sterbeurkunde (death certificate) oder einen Bescheinigung über den Tod eines US-Staatsangehörigen (report of the death of a U.S. citizen abroad) nachgewiesen, wobei bei der Benachrichtigung eine einfache (PDF) Kopie genügen kann. Das Finanzinstitut soll sodann den (aus ihrer Sicht) Berechtigten über die für die Übertragung und Freigabe erforderlichen Unterlagen und Erklärungen informieren.  

Nachweis der Berechtigung 

Was zum Nachweis der Berechtigung erforderlich ist, hängt von dem Vertrag mit dem Finanzinstitut ab: 

  • Bei einem gemeinschaftlichen Depot (joint investment account) mit Anwachsungsrecht auf den Tod über (joint tenancy oder tenancy by the entireties for married couples) geht das Depot auf den überlebenden Depot-Mitinhaber über und für den Nachweis des Erwerbs genügt der Todesnachweis. 
  • Wurde ein Todesfallbegünstigter benannt (transfer-on-death account, kurz TOD Account) hat der Begünstigte (designated beneficiary) einen direkten Auszahlungsanspruch und zum Nachweis der Berechtigung genügt der Nachweis des Todes.

In allen anderen Fällen ist regelmäßig ein (vereinfachtes) US-Nachlassverfahren (probate-administration) erforderlich; wenn der Wohnsitz des Erblassers in Deutschland war, wird aber oft auch ein Erbschein oder Testamentsvollstreckerzeugnis akzeptiert.

Zusätzlich zum Nachweis der Berechtigung ist in der Regel ein Formular über die Geltendmachung der Forderung (claimants statement) einzureichen. Das Dokument ist zu unterschreiben, wobei manche US-Finanzinstitute (z.B. Fidelity) verlangen, dass die Echtheit der Unterschrift durch eine Medallion Signature Guarantee nachgewiesen wird.  

Verfügung über Wertpapiere

Sofern die Berechtigung nachgewiesen ist, stellt sich die Frage, ob die Wertpapiere

  • verkauft,
  • in ein neues US-Depot des Berechtigten übertragen oder
  • nach Deutschland transferiert werden sollen.

Viele US-Finanzinstitute bieten für eine nicht-ansässige Person (nonresident) keine Dienste mehr an. Sollen die Wertpapiere gleichwohl weiter in den USA verwaltet werden, ist daher oft der Übertrag (transfer) zu einem anderen US-Finanzinstitut erforderlich, z.B. zu Charles Schwab. 

Die Übertragung der Wertpapiere nach Deutschland kann nur erfolgen, wenn das Wertpapier auch in Deutschland gehandelt wird. Ob ein Verkauf sinnvoll ist, hängt auch von den steuerlichen Folgen des Verkaufs ab (siehe hierzu unten). 

US-Einkommensteuer: Besteuerung des Veräußerungsgewinns 

Gewinne aus der Veräußerung von beweglichem Vermögen (personal property), z.B. Aktien (shares, stocks), Fondsanteile / Investmentfonds (mutual funds) in den USA, die ein nicht-ansässigen Ausländer (nonresident alien) erzielt, unterliegen nicht der US-Einkommensteuer, vgl. IRC § 865(a),(g).

Vorsicht: Da das Vermögen einer verstorbenen Person, der Nachlass (estate), aus Sicht der USA ein gesondertes Steuersubjekt ist, können die USA bei Veräußerung durch den US-Nachlass (domestic estate) den Gewinn besteuern. Dabei kommt allerdings die stepped-up basis in Ansatz, so dass der steuerbare Gewinn in der Regel gering sein wird. 

US-Quellensteuer

Die USA erheben eine Quellensteuer (withholding tax) in Höhe von 30% auf die (meisten) Zahlungen an einen nicht-ansässigen Ausländer (nonresident alien), vgl. IRC §§871(a).

Hinweis: Bei Zahlung an den Nachlassabwickler (personal representative) eines Nachlass (estate), der in den USA steuerpflichtig ist - einem US-Nachlass (domestic estate) -  wird die Quellensteuer nicht erhoben, da der US-Nachlass in den USA steuerlich ansässig ist. Zahlungen Bei einem eines ausländischen Nachlasses (foreign estate) fällt hingegen Quellensteuer an. 

Nach IRC § 1441 wird der entsprechende Betrag vom Steueragenten (withholding agent) - dies ist in der Regel eine Bank oder anderes Finanzinstitut - einbehalten und unmittelbar an die US-Steuerbehörde IRS abgeführt. Der Begünstige erhält hierüber eine Bescheinigung (Form 1042-S). 

Bei Anwendbarkeit des DBA-USA-ESt sind allerdings keine 30 % des Wertes der Wertpapiere einzubehalten, sondern nur 15 % und dies auch nur bezogen auf die Dividenden und nicht den Veräußerungsgewinn. Um diese Vergünstigung zu erhalten, ist das Formular W-8BEN (bzw. W-8BEN-E im Falle eines ausländischen Nachlasses (foreign estate) auszufüllen und bei dem Finanzinstitut unmittelbar einzureichen. Anders als im Hinblick auf die laufenden Dividenden und Zinseinkünfte sollte im Formular W-8BEN stets die US-Steuernummer ITIN angegeben werden. Erfolgt dies nicht, muss damit gerechnet werden, dass der Steueragent 30 % des gesamten Vermögens auch bei Einreichung des ansonsten ordnungsgemäß ausgefüllten Formulars abzieht. 

Hinweis: Oftmals wird aber gleichwohl ein Betrag einbehalten. War der Einbehalt unrechtmäßig, kann der überzahlte Betrag unter Umständen durch die US-Steuerbehörde IRS erstattet werden; hierzu verweisen wir auf unseren Beitrag Rückerstattung überzahlter US-Quellensteuer

US-Bundes-Nachlasssteuer 

Kein Besteuerungsrecht im Anwendungsbereich des Doppelbesteuerungsabkommens

Private Aktien von US-Unternehmen und ausländischen Unternehmen, Anleihen (bonds), Zertifikate (z.B. ETF) und andere Wertpapiere eines nicht in den USA ansässigen Erblassers ohne US-Staatsangehörigkeit, unterfallen im Anwendungsbereich des Deutsch-Amerikanischen Doppelbesteuerungsabkommen Erbschaftsteuer (DBA-USA-Erb) nicht der US-Bundes-Nachlasssteuer (federal estate tax); hierzu verweisen wir auf den Beitrag Die Besteuerung deutsch-amerikanischer Erbfälle nach dem Doppelbesteuerungsabkommen.

Vorsicht: Ist das DBA-USA-Erb (oder ein anderes DBA mit entsprechenden Regeln) nicht anwendbar, unterfallen bestimmte Wertpapiere der US-Bundes-Nachlasssteuer. 

US-Unbedenklichkeitsbescheinigung

US-Finanzinstitute haften (im Grundsatz) für die Abführung der US-Bundes-Nachlasssteuer durch den Steuerpflichtigen, wenn der Erblasser eine nicht-ansässige Person (non-resident) ist. Dies gilt aber dann nicht, wenn durch eine steuerliche Unbedenklichkeitsbescheinigung (transfer certificate) gegenüber dem Finanzinstitut nachgewiesen wurde, dass keine US-Bundes-Nachlasssteuer zu zahlen ist (Treas. Reg. § 20.6325-1).

Die IRS erteilt die steuerliche Unbedenklichkeitsbescheinigung (transfer certificate) im Fall des Ablebens eines nicht-ansässigen Ausländers (nonresident alien) nur, wenn

  • bei einem steuerbaren US-Vermögen von mehr USD 60.000 die US-Bundes-Nachlasssteuer mittels des Formulars 706-NA erklärt und die Steuer gezahlt wurde,
  • bei einem geringeren steuerbaren US-Nachlass bestimmte Angaben gegenüber der IRS gemacht wurden. 

Weiterführende Informationen: Zur Erklärung der US-Nachlasssteuer verweisen wir auf den Abschnitt Abgabe der Steuererklärung in dem Aufsatz "Nachlasssteuer und Erbschaftsteuer in den USA". 

Im Falle des Nachlasses eines US-Staatsangehörigen, der nicht in den USA ansässig ist, sind die Anforderungen etwas geringer. 

Deutsche Einkommensteuer

Ist der Erbe in Deutschland ansässig, kann Deutschland Veräußerungsgewinne aus Aktien und Fonds besteuern, siehe Art. 13 Abs. 5 und Abs. 6 sowie Art. 21 DBA-USA-ESt. Dabei kommt de Abgeltungssteuersatz in Ansatz, d.h. 25 % zzgl. Soli und Kirchensteuer.

Vorsicht: Sind die Anschaffungsdaten nicht nachgewiesen, bemisst sich der Steuerabzug nach 30 Prozent der Einnahmen aus der Veräußerung oder Einlösung der Wirtschaftsgüter (§ 43a Abs. 2 S. 7 EStG). Beschaffen sie daher unbedingt Nachweise über die Anschaffungskosten. Da die US-Einkommensteuer insoweit auf den Wert per Todestag abstellt, genügen die US-Einkommensteuererklärungen nicht. 

Sofern der US-Nachlassabwickler (und nicht der Begünstigte nach Übertragung auf ihn) die Wertpapiere veräußert und dies (erhebliche) US-Einkommensteuer auflöst, sollte ein Antrag auf Besteuerung auf der Ebene des Begünstigten gestellt werden, da sonst eine Anrechnung auf die deutsche Einkommensteuer nicht möglich sein kann. 

Deutsche Erbschaftsteuer

Wenn der Erwerber im Zeitpunkt des Erwerbs seinen Wohnsitz im Sinne des DBA-USA-Erb in Deutschland hatte, unterliegt der gesamte Erwerb der deutschen Erbschaftsteuer. Unabhängig hiervon hat ein Erwerber, der Inländer ist, seinen Erwerb binnen 3 Monaten ab Kenntnis vom Erwerb dem Erbschaftsteuerfinanzamt anzuzeigen (Erwerbsanzeige nach § 30 ErbStG). 

Hinweis: Die 3-Monats-Frist läuft nicht etwa erst dann, wenn der Erben/Begünstige über die Wertpapiere verfügen kann, sondern wenn der Tod und die Berechtigung dem Erben/Begünstigten bekannt wird. Da die Abwicklung oftmals einige Monate - manchmal auch länger - dauert, sollte bereits in der Erwerbsanzeige auf eine großzügige Frist zur Erklärung der Steuer hingewirkt werden. Gerne beraten wir Sie insoweit und vertreten Sie gegenüber dem Erbschaftsteuerfinanzamt bei der Erbschaftsteuererklärung

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