EuGH: § 16 (2) ErbStG verletzt europäisches Recht

Der Europäische Gerichtshof (EuGH) hat mit Urteil vom 17. Oktober 2013 in der Rechtssache C‑181/12 - Yvon Welte gegen Finanzamt Velbert für Recht erkannt:

 

Die Art. 56 EG und 58 EG sind dahin auszulegen, dass sie einer Regelung eines Mitgliedstaats über die Berechnung von Erbschaftsteuern entgegenstehen, die für den Fall des Erwerbs eines im Gebiet dieses Staates belegenen Grundstücks durch Erbanfall vorsieht, dass der Freibetrag auf die Steuerbemessungsgrundlage dann, wenn der Erblasser und der Erwerber – wie unter den Umständen des Ausgangsverfahrens – zum Zeitpunkt des Erbfalls ihren Wohnsitz in einem Drittland wie der Schweizerischen Eidgenossenschaft hatten, niedriger ist als der Freibetrag, der zur Anwendung gekommen wäre, wenn zumindest eine dieser beiden Personen zu diesem Zeitpunkt ihren Wohnsitz in dem genannten Mitgliedstaat gehabt hätte.

 

Dies begründet der EuGH wie folgt:

  1. § 16 (2) ErbStG stellt eine Beschränkung des freien Kapitalverkehrs im Sinne von Art. 56 Abs. 1 EG dar.
  2. Art. 57 Abs. 1 EG betreffend Beschränkungen des freien Kapitalverkehrs gilt auch im Verhältnis zu Drittländern.
  3. Eine Rechtfertigung der Beschränkung des freien Kapitalverkehrs nach Art. 58 Abs. 1 und 3 EG liegt nicht vor. Zwar ist einzuräumen, dass die Bemessungsgrundlage bei der Erbschaft eines gebietsfremden Erben, der in Deutschland beschränkt erbschaftsteuerpflichtig ist, grundsätzlich niedriger ist als die bei einem gebietsansässigen oder gebietsfremden Erben, der in diesem Mitgliedstaat unbeschränkt erbschaftsteuerpflichtig ist. Dies kann jedoch die vorstehenden Feststellungen nicht in Frage stellen, da sich die Höhe des in der im Ausgangsverfahren fraglichen Regelung vorgesehenen Freibetrags keineswegs je nach dem Betrag der Bemessungsgrundlage der Erbschaftsteuer ändert, sondern unabhängig von diesem Betrag gleich bleibt.
  4. Es bestehen keine zwingenden Gründe des Allgemeininteresses, welche den Eingriff rechtfertigen.
  5. Die Gewährleistung der Kohärenz der Steuerregelung rechtfertigt im vorliegenden Fall nicht eine Beschränkung des freien Kapitalverkehrs 

 

Anmerkungen:

  1. Der Gesetzgeber ist dazu aufgerufen, § 16 (2) durch einen Vorschrift zu ersetzen, welche das Verhältnis von Inlands- und Auslandsvermögen berücksichtigt.
  2. Zu viel gezahlt Erbschaftsteuer kann zurückgefordert werden, sofern Erbschaftsteuerbescheide noch nicht bestandskräftig sind.
  3. Dies dürfte nicht nur im Verhältnis zu Staaten der EU und (wie im entschiedenen Fall) zur Schweiz, sondern auch allen anderen Drittstaaten, insbesondere USA, gelten.
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