EU Justizminister: Annahme der EU-Erbrechtsverordnung

Der Rat der EU-Justizminister hat am 08.06.2012 die EU-Erbrechtsverordnung angenommen.

Die Verordnung legt einheitliche Regeln darüber fest, welches Erbrecht auf einen internationalen Erbfall anzuwenden ist (Vereinheitlichung des internationalen Privatrechts). Dadurch, dass in allen Mitgliedstaaten der EU (außer Dänemark, Irland und Großbritannien) das anwendbare Erbrecht nach denselben Regeln bestimmt wird, wird die derzeitige Rechtszersplitterung bei der Beurteilung grenzüberschreitender Erbsachen künftig beseitigt.

Die allgemeine Regel besagt: Es wird das Erbrecht des Staates angewendet, in dem der Erblasser seinen letzten gewöhnlichen Aufenthalt hatte. Für alle Menschen, die auf Dauer in Deutschland leben und dann versterben, gilt also künftig deutsches Erbrecht, gleichgültig welche Staatsangehörigkeit sie besitzen.

Durch ein Testament oder einen Erbvertrag kann der Erblasser stattdessen auch das Erbecht des Staates wählen, dessen Staatsangehörigkeit er besitzt. Zum Beispiel kann ein dauerhaft auf Mallorca lebender Deutscher deutsches Erbrecht wählen. Dann wird er nach deutschem Recht beerbt. Wenn er dagegen keine Rechtswahl trifft, kommt künftig spanisches Erbrecht zur Anwendung, wenn der letzte gewöhnliche Aufenthalt Mallorca war.

Die neue Verordnung führt außerdem ein „Europäisches Nachlasszeugnis“ ein, das in allen Mitgliedstaaten der Verordnung einheitlich gilt. Damit können Erben und Testamentsvollstrecker in allen Mitgliedstaaten, in denen die Verordnung gilt, ihre Rechtsstellung einheitlich nachweisen. Darüber hinaus werden die nationalen Erbnachweise der Mitgliedstaaten, zum Beispiel der deutsche Erbschein, in den anderen Mitgliedstaaten nach den Regeln der Verordnung anerkannt. Erben müssen also künftig nicht mehr in jedem Mitgliedstaat einen neuen Erbnachweis beantragen.

Dagegen ändert die Verordnung das nationale Erbrecht der Mitgliedstaaten nicht.

Anmerkungen:

 

1) Ausweislich der Mitteilung des BMJ vom 9.06.2012 soll die Verordnung im Laufe des Jahres 2015 zur Anwendung kommen. Diese Übergangsfrist soll es allen Betroffenen ermöglichen, sich auf die neue Rechtslage einzustellen.

2) Die Erbrechts-VO enthält keine Definition des „gewöhnlichen Aufenthalt“. Unklar ist, ob die Entscheidungen zum „gewöhnlichen Aufenthalt“ nach der  Verordnung über die Zuständigkeit, Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen in Ehesachen und in Verfahren betreffend die elterliche Verantwortung („Brüssel II“). Dabei wird oftmals auf den „Lebensmittelpunkt“ abgestellt, welcher anhand von Dauer, Umständen und Gründen des Aufenthalts ermittelt wird. Es ist zu erwarten, dass dies zu Streitigkeiten führen wird.

3) Die Möglichkeit zur Rechtswahl zum Recht der Staatsangehörigkeit sollte genutzt werden,um Streitigkeiten zu vermeiden.

4) Die Rechtswahl eröffnet auch in manchen Fällen die Möglichkeit zur Verringerung oder völligen Vermeidung des Pflichtteils

 

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